
23 Aug. Vorteile Design System: Wie du dein Corporate Design definierst und nutzbar machst.
Lesezeit: ca. 10 Minuten
Hi, ich bin Katharina und Creative Director einer Digitalagentur mit starkem Designfokus. In den nächsten 10 Minuten erfährst du in diesem Artikel, warum du als Geschäftsführer:in oder Marketing-Verantwortliche:r besser in ein smartes und offenes Design System als in das Format eines Corporate Design Handbuches investieren solltest.
In meinem Berufsleben habe ich bestimmt schon nach weit über 100 CD-Handbüchern (Corporate Design Handbüchern) arbeiten müssen. Und immer noch fühlt sich das Öffnen und Studieren solcher Werke irgendwie fremd an. Das hat sich auch mit der Digitalisierung des Formats nur bedingt geändert. Meist von großen Strategen entworfen und vom letzten Lumpi in der Agentur lieblos runtergeschrieben, fühlen sich die meisten Styleguides irgendwie restriktiv und wenig kreativ an. Hier folgt eine lieblos niedergeschriebene Regel auf Regel auf Regel usw.. Meist ist von dem Elan, den die Markengestalter hoffentlich während der Kreation gespürt haben, nach den ersten paar Seiten schon nichts mehr übrig.
Flexible Design Systeme sind ein geradezu glänzender Trend der vergangenen Jahre, der damit für immer aufräumt und deine Marke auf lange Sicht für die Zukunft wappnet. Ein gutes Design System braucht erfahrene Markenexperten, gute Vorbereitung und wie alles, was glänzt, kostet es auch etwas. Aber warum sich diese Investition trotzdem für dich lohnen wird und an welchen Stellen du viel Geld sparen wirst, erfährst du hier.
Wundertüte Design System: Das darfst du erwarten
Was genau in dem Design System für deine Marke oder dein Produkt enthalten ist, kommt natürlich ganz auf dein Baby und die Agentur, in welche Hände du es gibst, an. Ein Design System mit einem größeren Umfang wird dich eher mehr Geld kosten, als eine schlankere Alternative (logisch – aber wie du hier deiner Agentur zuarbeiten kannst, besprechen wir später auch noch). Aber: Viel hilft nicht immer viel. Folgende Dinge sollten aber auf jeden Fall enthalten sein, damit du alle Vorteile deines Design Systems voll ausschöpfen kannst:
Logovariationen: In Design Systemen hast du direkten Zugriff auf dein Logo – und zwar in allen erdenklichen Varianten und Farben.
Dass du ein einziges Logo auf alle denkbaren Medien (z.B. Verpackungen, Ladenschilder, Instagram Profilbild) anwenden können wirst, halte ich für unwahrscheinlich. Farbvariationen für helle und dunkle Hintergründe sowie einfarbige Alternativen sind hier auf jeden Fall ein muss, sonst musst du bald nach dem Launch noch mal jemanden dafür bezahlen, dir dein Logo anzupassen. Außerdem können noch horizontale und vertikale Versionen sowie Alternativen mit und ohne Slogan hinzukommen.
Hausfarben- und Schriften: In Design Systemen sind Farben und Schriften in Stilen oder Variablen definiert und können so zentrale geupdated werden.
Wenn du ein umfassendes Corporate Design gebucht hast, solltest du ein Konzept für Schrift und Farben erhalten. Im Design System sollte feingranulär geregelt sein, wann du was am Besten verwendest. Alle möglichen Anwendungsfälle wie etwa klassische Printanzeigen aber auch Social Media Posts sollten hier durchdefiniert und fertig zur Verwendung bereit liegen. Hier kann auch schon ein Dark Mode oder Varianten für hohen Kontrast zur verbesserten Lesbarkeit berücksichtigt werden.
Häufig verwendete Elemente werden zu Komponenten: Besondere Elemente, wie Pattern oder Schmuckelemente und sogar Bilder, können in Design Systemen zentral definiert und schnell abgerufen werden.
Bisher beinhaltet ein Design System all das, was ein klassisches Corporate Design Handbuch auch schon abgedeckt hat, aber hier beginnt die Glanzstunde eines modernen Systems: Du hast hoffentlich daran gedacht, zu dem Launch oder Re-Launch deiner Marke auch eine Website in Auftrag zu geben. Egal welchen Umfang diese haben mag – in einem Design System sollten die häufigsten Komponenten wie z.B. Header, Menüs, Blogartikel und so weiter für alle fertig zum benutzen bereit liegen. Aber auch Bausteine für z.B. Print Anzeigen und Verpackungsdesigns sollten so aufbereitet werden.
Wenn du eine richtig gute Agentur gefunden hast und ihr euch einig seid, dass dein Unternehmen ein wirklich gut durchdachtes und umfangreiches Design System braucht, dann kannst du auch je nach Bedarf folgende Dinge erwarten:
Starter- und Onboardingkits: Ein Design System ist eigentlich nichts anderes als individuelles Templating für Fortgeschrittene.
Mit sogenannten Starter- und Onboardingkits können neue Personen im Projekt ohne lange Anlehrnungsprozesse direkt nahtlos mitarbeiten und gute Ergebnisse präsentieren. Das spart Zeit und Nerven bei deiner Agentur und somit Geld für dich! Starterkits bieten im besten Fall eine Art Baukasten System für neue Landingpages deines Online-Shops oder für häufig verwendete Formate bei Print-Anzeigen, während Onboardingkits die zuvor aufgestellten Gestaltungsregeln einfach und Missverständnisfrei für neue Teammates erläutern.
Die Superpower für jede einzelne Abteilung: Einheitliche und einfach verständliche Regeln für jeden Text, der jemals in deinem Hause geschrieben werden muss.
Regeln für Ansprache, Tonalität und Sonderschreibweisen
Wie werden deine Produkte geschrieben? Duzt du deine Kunden oder doch lieber nicht? Auch das kann in einem Design System festhalten werden. Wenn du mehrsprachige Medien (wie z.B. Broschüren auf Deutsch und Englisch) verwenden willst, kannst du auch hier „offizielle“ Übersetzungen festhalten – das ist besonders praktisch für Phrasen und Worte, für die es keine 1:1 Übersetzungen gibt oder für Begrifflichkeiten, die nur dein Unternehmen verwendet.
Lösungen zur Verbesserung Barrierefreiheit
Nicht immer sind jedem Menschen alle Medien gleich gut zugänglich. Das ist zum einen auf einer persönlichen Ebene ärgerlich, zum anderen aber auch unter Umständen nicht für dein Business förderlich. Ein gut durchdachtes Design System sollte immer Regeln und Lösungen zur stetigen Verbesserung der Barrierefreiheit bereithalten. Wie diese Lösungen konkret aussehen, hängt von den Zielen deines Businesses und der Medien, die du verwenden wirst, ab. Einen kleinen Überblick über das, was du und deine Agentur im Blick haben solltest, findest du aber schon einmal hier.
Nutze alle Vorteile eines Design Systems: So spart dir diese Wundertüte bares Geld
Jetzt weißt du, was in der wunderbar glänzenden Tüte namens Design System drin ist und wie viel Arbeit (Übersetzung: Geld) da drin stecken kann. Wie eingangs erwähnt, ist ein Design System vor allem eine Investition, sie soll dir also irgendwann mal direkt oder indirekt durch Einsparungen Geld wiederbringen.
Vorteil 1: Ein Design System reduziert Arbeitszeit
Arbeit ist gleich Geld und Zeit ist sowieso immer Geld. Hier sparst zu dementsprechend doppelt:
Vielleicht wirst du nicht immer bei deiner ersten großen Liebe Agentur bleiben, vielleicht wirst du und dein Unternehmen genug wachsen, dass du bald intern Mitarbeiter speziell für gewisse Aufgaben engagieren kannst und sehr wahrscheinlich wird deine große Liebe Agentur mal neue Teammitglieder einstellen.
All dies sind Situationen, in denen dein Design System dir das meiste Geld sparen wird. Über Onboardingkits hatten wir ja bereits gesprochen, aber auch ein schlankes Design System ohne solche Überlebenspakete spart dir hier viel Arbeit. Im täglichen Geschäft müssen deine Angestellten und deine Agentur(en) das Rad nicht mehr neu erfinden: wie dein individuelles Rad funktioniert, ist ja bereits gut dokumentiert. Niemand sollte so in 5 E-Mails hin- und herforschen müssen, wann welche Farbe zum Einsatz kommt und wie Headlines aussehen müssen. In einem guten System liegt alles direkt startbereit.
Vorteil 2: Ein Design System bewahrt dich vor deinen eigenen Fehlern
Nicht jeder von uns kann sich alle Hex-, RGB- und CMYK-Farbwerte der 50 Hauptfarben einer Marke merken (wenn ich an diesen Punkt in einem Projekt angekommen bin, bin ich normalerweise Urlaubsreif). Wenn dann auch noch Regeln für Abstände, Logo-Mindestgrößen und Schriften hinzukommen, wird es wirklich unmöglich.
Niemand muss sich heutzutage so etwas merken und du hast als Markenoberhaupt auch meistens viel spannendere Dinge zu tun. In einem technisch gut angelegten Design System wirst du schnell alle wichtigen Infos und Antworten auf Fragen wie „Muss das so? Soll das so? Geht das auch so?“ finden. Spar dir also einfach Korrekturschleifen oder sogar Fehldrucke und lass dein Design System das Denken übernehmen.
Vorteil 3: Ein Design System bereitet dich auf noch kommende Trends vor
Deine Corporate Website steht und am Social Media Auftritt ist auch schon in Arbeit? Prima! Aber was ist, wenn das Internet weiter auf andere Plattformen zieht?
„Wer nicht mit der Zeit geht, geht.“
– mein Opa, vermutlich.
Gerade digitale Welt ist scheinbar stetig im Wandel. Vor nicht allzu langer Zeit sprachen wir alle noch davon, wie wichtig die mobile Optimierung einer Website ist, mittlerweile rücken Apps immer weiter in den Fokus und mobile User verwenden immer seltener den Browser ihres 7 Zoll großen Tores zur Welt.
„Wer nicht mit der Zeit geht, geht.“ ist eine Geschäftsweißheit, die sich vom Handwerksbäcker deiner Nachbarschaft (der mit dem Laden, der ironischerweise immer noch so aussieht wie aus den 60ern) bis zum Geschäftsführer großer europäischer Banken als Mantra rumgesprochen hat.
Du weißt vermutlich noch gar nicht, wohin die Reise mit deiner Marke in 5 Jahren geht, wie sich das Internet und die dazugehörige Online-Kultur entwickeln wird und was deine Zielgruppe dann toll finden wird. Und das ist auch absolut kein Problem. Denn hier kommt dein neuer Buddy das Design System zur Hilfe: Ist dein Design System sauber und technisch astrein angelegt worden, so kann die Bibliothek vergleichsweise schnell um neue Markenanatomie erweitert und optimiert werden. Eine gute Agentur legt hier flexible Strukturen an, die dich sofort auf den nächsten Trend aufspringen lassen, wenn du es wünscht.
Unnützes Wissen: Große Unternehmen wie z.B. Netflix haben ganze Abteilungen, die sich nur um die Erhaltung und Erweiterung ihrer Design Systeme kümmern, um so immer technisch am Puls der Zeit zu bleiben. Das mag für dich jetzt vielleicht wie ein Overkill klingen, zeigt aber deutlich, wie wichtig ein Design System für viele digitale Geschäftsmodelle bereits ist.
Vorteil 4: Ein Design System macht deine Marke konsistent und deine Produkte besser
Dein Business läuft richtig gut und du erweiterst dein Produktportfolio stetig um neue Bestseller? Super! Damit dein Markenauftritt auch hier weiterhin konsistent bleibt, sollte dein digitales Design System alle wichtigen Medien einmal abdecken – dazu kann auch Produkt- und Verpackungsdesign gehören. Auch verwendete Kunststoffarten von Produktgehäusen fallen in diese Kategorie. Hast du in deiner allumfassenden Bibliothek erst einmal alles auf einmal im Blick, siehst du Schwachstellen in der visuellen Kommunikation (ja, auch hierzu gehören die Kunststoffarten in all ihren Farben und Texturen) und kannst diese sofort beheben (lassen).
Vorteil 5: Ein Design System archiviert Wissen, ohne dass du etwas dafür tun musst
Über neue Teammitglieder haben wir bereits gesprochen – aber was ist, wenn ein allwissendes Powerhouse deines Teams dein Unternehmen verlässt? Das macht (fast) gar nichts für dein Design System – denn hier ist ja alles Dokumentiert und dank umfangreicher Onboarding Materialien kann dessen Nachfolger so schnell wie möglich ins Tagesgeschäft einsteigen. Ein Design System eignet sich perfekt für die Dokumentation für projekt- oder produktspezifisches Wissen, das für alle zugänglich gemacht werden sollte. Ist ein Produkt oder eine Dienstleistung aus deinem Portfolio nur für eine gewisse Zielgruppe relevant? Müssen bestimmte Werbemedien in mehreren Sprachen produziert werden? Duzen oder siezen wir Kunden? Alles das kann für alle verständlich festgehalten werden.
„Einmal Visitenkarten in Bright Cobalt zum mitnehmen bitte!“ – Mit einheitlichen Bezeichnungen gehst du Missverständnissen und unnötigen E-Mails direkt aus dem Weg.
Vorteil 6: Ein Design System erleichtert die Kommunikation
Die wunderbare Archivfunktion deines Design Systems geht noch über das Onboarding neuer Teammitglieder hinaus und bringt dir gleich doppelt Vorteile: neben einheitlichen Bezeichnungen von Farben (samt passender Farbwerte, damit auch jeder das gleiche Corporate Cobalt Blue #3 verwendet) und Schriftschnitten können hier auch noch weitere Elemente und Komponenten einheitlich benannt werden. Wenn du bei deiner Lieblingsagentur oder einem weiteren Dienstleister das nächste mal Verpackungsmaterial in deiner Hauptfarbe #1 bestellst, wissen alle sofort, was gewünscht wird und wie das auszusehen hat (und falls nicht, wissen sie, wo sie es nachschlagen können).
Vorteil 7: Dein Design System wächst mit
Anders als bei den guten alten Design Handbuch PDFs, die noch immer viel zu oft durchs Intranet geschickt werden, ist dein Design System auf Neuerungen und Wachstum ausgelegt. Auch wenn du jetzt nur mit einem Produkt und nur einer sehr kleinen Corporate Website an den Start gehst, weißt du nie, was aus deinem Business wird. Egal ob du 5 oder 500 neue Kernprodukte in den nächsten Jahren einführen willst oder du 1 oder 20 hauseigene Entwickler einstellen wirst – dein Design System ist dein neuer Buddy und unterstützt dich. Die flexible digitale Architektur ermöglicht es, jederzeit neue Komponenten global hinzuzufügen, hunderten von Mitarbeitern den Zugang zu ermöglichen (oder zu entziehen) oder mit nur wenigen Klicks auf jeder Werbeanzeige dein neues Logo einzufügen.
Die Checkliste für dein Design System: So gelingt der Schnellstart
Eine gute Vorbereitung ist wie in so vielen Dingen auch hier die halbe Miete (Übersetzung ist hier auch wieder „Geld“). Wenn du dich nun für ein umfangreiches und durchdachtes Design System zum Launch deines Business entscheidest, kannst du deine Agentur bestmöglich bei der Ausarbeitung unterstützen:
In welchen typischen Situationen müssen du, deine Angestellten und Dritte mit dem Design System zurecht kommen?
Entwerft ihr eure Rechnungsbögen selbst? Wie oft muss Briefpapier für neue Kollegen angepasst werden? Wie oft lasst ihr Promomaterial von externen Partnern erstellen? Beachte hierbei, dass dein Design System sowohl für deine Mitarbeiter als auch für deine externen Dienstleister zur Verfügung stehen muss.
Für welche Medien muss dein System generell funktionieren?
Dies können Verpackungsmaterialien, Social Media Videos, VR Anwendungen, Apps oder Hundedecken sein – wenn ein Medium für dein Unternehmen wichtig ist, ist es für dein Design System wichtig. Hier sollten für alle relevanten Medien je nach Bedarf passende Farbwerte (es gibt schließlich mehr als RGB und CMYK) und Schriftgrößen definiert werden.
Welche Form der Außenkommunikation wird dein Business besonders oft verwenden?
Wirst du jede Woche Werbung in der selben Fachzeitschrift schalten? Möchtest du deinen Webshop lieber mit täglichen Social Media Posts bewerben? Für alle wiederkehrenden Mittel der Außenkommunikation wie Anzeigen, Online Ads und Posts können in deinem Design System direkt einfache Standards entwickelt werden, sodass neue Formate schnell mit Leben und Inhalt gefüllt werden können. So sparen alle Beteiligten später Zeit.
Wie viele Zielgruppen werden gesondert angesprochen?
Duzt du deine Kollegen und sietzt du deine Kunden? Besteht dein Geschäft aus einem B2C und einem B2B Bereich? Hast du eine Kinderversion deiner Produkte auf dem Markt? Für jeden Kommunikationsmodus muss in deinem Design System Platz sein. Lasse deine Agentur schon im Vorfeld wissen, welche Modi hier relevant sind und was pro Zielgruppe zu beachten ist.
Fazit: Es ist manchmal doch alles Gold, was glänzt.
Der Sprung ins kalte Wasser kann manchmal gefährlicher klingen, als er tatsächlich auch ist. Wenn du schon mal in der Vergangenheit mit einem klassischen Corporate Design Handbuch zu tun hattest, wirkt der Übergang zu einem modernen Design System sicherlich nicht weniger abenteuerlich. Dennoch sparst du Zeit, Nerven und letztendlich auch Geld. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten: noch hat niemand diesen Sprung bereut. Ganz gleich, ob du mit einem neuen Geschäftsmodell zum ersten Mal an den Start gehst oder ob du deine althergebrachte Marke im Zuge eines Rebrandings ins 21. Jahrhundert holen möchtest: ein Design System sollte auf deinem Einkaufszettel stehen.
Ansonsten freue ich mich auf Meinungen und Feedback zu diesem Artikel und diesem Blog. Ich bin Katharina und du erreichst mich unter tach@vielfalter.digital oder telefonisch unter der 02041 3088070.